
Beim Lesen empfiehlt es sich das Album Voila von Ruth zu hören, dem auch die Protagonistin der Geschichte lauscht.
Nun saß sie da, in einem Zug von dem sie niemals dachte, dass sie ihn je wieder nehmen würde. Ein Zug in eine Stadt, die zu sehen sie dachte, nie wieder einen Grund zu haben. Und doch saß sie da. Kopfhörer in den Ohren. Musik die sie liebte. So ruhig und melodisch. Ohne jede Hektik. Ohne jede Forderung. Musik die sie früher nicht kannte, sie jedoch schnell lieben lernte. Sanfte Klänge und eine warme Stimme begleiteten ihre Reise, während sie mit gemischten Gefühlen aus dem Fenster sah.
Da war Melancholie. Nostalgie, sehr viel davon. Ein wenig Vorfreude und doch auch Verwirrung. All diese Emotionen webten sich in ihrem Inneren zu einer angenehmen Decke, die sich um ihr Herz legte. Behutsam und friedlich. Nichts daran erschien ihr negativ, geschweige denn schmerzlich.
Etwas in ihr sagte ihr dennoch, sie müsste Angst haben vor dem Ziel ihrer Reise. Etwas in ihr schrie danach, die Dinge rational zu sehen, sie zu bedenken. Es wollte diesen naiven Schleier ablegen. Doch sie schob dieses Etwas beiseite. Denn sie wusste es besser. Ihr Vorhaben war nicht naiv. Nicht dumm. Nicht gefährlich oder beängstigend. Es war etwas, das ihr Ruhe und Ausgeglichenheit schenkte. Entgegen jedem rationalen Bedenken wusste sie, dass es ihr guttun würde.
Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Wann hatte sie sich zuletzt so frei von allen Sorgen gefühlt? Wann erschienen ihr all diese weltlichen Belange zuletzt so banal und bedeutungslos? Sie war wie beflügelt von einem Gefühl von Melancholie und innerem Frieden. Wer sie nun beobachtete, mochte womöglich denken, sie wäre traurig und betrübt, dass sie etwas bedrückte. Doch nichts von alledem traf zu.
Sie konnte ihr Befinden nicht beschreiben, nicht in Worte fassen. Ihr war zum Heulen zumute, doch es war ein warmes und schützendes Gefühl. Es wäre ein gutes Weinen, eines das sie alle Sorgen vergessen ließe. Sie konnte sich fallen lassen und wie auf einer Wolke schweben.
Sie nahm diese Decke von ihrem Herzen und schlang sie sich um die Schultern, hüllte sich gänzlich in ihr ein, als ihr Zielbahnhof angesagt wurde. Diese Decke würde sie wappnen. Bedächtig erhob sie sich, jedoch erst als der Zug zum Stehen gekommen war und die meisten Gäste bereits zu den Türen drängten. Sie hatte keine Eile. Es war der Endbahnhof und sie sah keinen Grund zu hetzen.
All dieses Zeitschinden machte doch überhaupt keinen Sinn. Es gab den Menschen keinen Mehrwert. Im Gegenteil sorgte es für Stress und schlechte Laune, Leute die sich gegenseitig anrempelten. Nein, das brauchte sie nicht. Also wartete sie, bis sie als eine der Letzten den Zug verließ und auf den Bahnsteig stieg.
So lange war es her und doch hatte sie ihn nicht vergessen. Alles hier kam ihr so bekannt und vertraut vor. An jeder Ecke warteten Erinnerungen auf sie. Jede Stufe der Treppe zur Unterführung nahm sie voller Genuss. Sie atmete tief durch, wandte sich nach links und ging der Bahnhofshalle entgegen. Jedes Lädchen im Gebäude kannte sie, wenn auch nur vom Vorübergehen. So oft war sie durch diese Halle geschritten. So oft hatte sie hier gewartet. Bis es ein Ende hatte und sie dachte, es gäbe kein weiteres Mal. Doch nun stand sie hier. In freudiger Erwartung sah sie sich um.
Warum sucht sie diesen Ort erneut auf?
Warum hat sie ihn überhaupt verlassen?
Und woher rühren all diese Gefühle?
Schreibt gerne in die Kommentare, wie die Geschichte für euch weiter gehen würde und wie sie zustande kam. Was denkt ihr, passiert hier? Was würde passieren, wenn ihr in diesem Zug säßet?
Ihre Gefühle zeigen eine gewisse sanfte Sicherheit:Sie weiß, dass andere sie für dumm halten werden, aber sie möchte diesen Zug nehmen, sich den Erinnerungen hingeben.Egal was passiert, sie findet das was sie sucht, kennt die Konsequenzen, ignoriert sie aber.Ihre Gefühlsdecke schütz sie, verheddert sich nicht an einem Zweifel.
AntwortenLöschenIch wüsste sehr gerne, wie es deiner Meinung nach weiterginge.
Die Geschichte geht durchaus weiter und hat auch ein Ende. Der Ausschnitt der hier zu lesen ist, wollte allerdings die Fantasie der Leser anregen, sich ein eigenes Ende zu überlegen.
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