Es gibt Nieschenwerke und solche die es bisher nicht von Japan nach Deutschland geschafft haben, obwohl sie einfach grandios sind und in der Community gefeiert werden. Und es gibt bekannte, umhypedte Werke, die selbst in den "oberflächlicheren" Schichten der Fans beziehungsweise denen, die sich nicht so intensiv mit dem Thema befassen, beliebt und weit verbreitet sind. Zu zweiterem gehören unter anderem die typischen ehemaligen RTL2-Sendungen wie Naruto, Pokémon, One Piece oder Dragon Ball, aber auch der Titel über den ich heute reden möchte. Denn obwohl er recht bekannt ist, ist Fullmetal Alchemist ein Manga/Anime den ich euch auf keinen Fall vorenthalten möchte. Zu diesem Zweck hat mir der Panini Verlag dankender Weise ein paar Rezensionsexemplare geschickt.
Doch worum geht es überhaupt? Edward und Alphonse Elric wurden in jungen Jahren von ihrem Vater verlassen, dennoch eiferten sie ihm nach und lernten mit dessen Unterlagen eigenständig die Alchemie anzuwenden. Als ihre Mutter dann einen unerwarteten Tod starb, versuchten sie in reger Verzweiflung alles in ihrer Macht stehende, um die geliebte Mutter wieder zurückzuholen - mit Hilfe von Alchemie. Sie brachen das eine Tabu.
Doch der Preis für diese Transmutation eines Menschen war hoch. Ed verlor einen Arm und ein Bein, während sein kleiner Bruder Al seinen gesamten Körper einbüßen musste und nur durch das schnelle Handeln Eds überlebte - der band Als Seele an eine Rüstung, die nun sein neuer Körper ist.
Getrieben von dem Wunsch, ihre alten Körper zurückzuerlangen, trainieren die beiden seither fleißig die Künste und Lehren der Alchemie und füttern ihr Wissen immer weiter. Edward tritt sogar den Staatsalchemisten bei, einer Armee die in Krisensituationen zu Kriegszwecken eingesetzt wird, aber auch enorme Forschungsmöglichkeiten bereitgestellt bekommt. So dreht sich die Geschichte nun um die Suche nach dem Stein der Weisen, mit dem man den Geschichten nach die Gesetze der Alchemie umgehen und selbst einen menschlichen Körper transmutieren kann.
Die Geschichte, die Welt und der Hintergrund zu Fullmetal Alchemist sind sehr weitreichend und detailreich. So sind diverse naturwissenschaftliche Prinzipien der Alchemie durchdacht worden und alles mit einem Hauch Magie und Fantasie verfeinert. Das allumfassende Gesetz der Alchemie, der equivalente Tausch, wird dabei sehr intensiv behandelt, da er ein fester Bestandteil des Lebens unserer Helden ist. Denn ihm ist es geschuldet, dass die beiden für das Wiederbeleben ihrer Mutter mit ihren eigenen Körpern zahlen mussten. Der equivalente Tausch besagt, dass man etwas Gleichwertiges geben muss, um etwas anderes daraus herzustellen. Will man beispielsweise einen Holzstuhl transmutieren, braucht man Holz in selber Menge.
Auch die weltlichen Hintergründe und politischen wie militärischen Verstrickungen werden thematisiert und miteinbezogen. Gerade der Ishbarische Bürgerkrieg wird durch seine Konsequenzen und das Auftreten mehrerer davon betroffener Charaktere stark in die Handlung integriert.
Damit führen viele Kleinigkeiten und Verknüpfungen über mehrere Ecken dazu, dass eine lebendige, greifbare und vorallem glaubwürdige Welt entsteht.
Edward und Alphonse | Fullmetal Alchemist (2003) |
Wie ihr wahrscheinlich bemerkt, passiert das alles bereits sehr früh. Diese Rezension bezieht sich auf die ersten drei Bände der Manga-Reihe und die ersten paar Folgen der Serien. Das rasche Voranschreiten der Geschichte führt vorallem dazu, dass es nie langweilig wird und keine unnötig langatmigen Überbrückungsszenen entstehen. Immer passiert irgendetwas und wenn es gerade keine Action ist, dann eben das Beseitigen von durch Action verursachten Schäden - was im Übrigen sehr häufig passiert.
Insgesamt ist die Geschichte sehr Action geladen, mit vielen Kampfszenen gespickt, dabei aber niemals übermäßig brutal, wenn auch blutig. Man könnte Fullmetal Alchemist als einen Moralapostel des Shonen bezeichnen. Sowohl Manga als auch Anime enthalten ordentlich Hau-Drauf und Spannung, sowie eine gesalzene Portion Humor und Charaktere die sich selbst nicht immer zu ernst nehmen. Allerdings ist die Handlung auch sehr gesellschaftskritisch und weist gekonnt auf Missstände hin, die perfekt in das Geschehen eingebaut werden.
Gerade der Ishbarische Krieg ist hier wieder ein schönes Beispiel, da er zum Einen große Gruppen friedlebender Ishbarer hervorbrachte, die einfach nur ein normales und akzeptiertes Leben führen möchten, zum Anderen aber auch von Hass und Rachegedanken erfüllte Exemplare. Der Umgang mit und die Konsequenzen dieser Rache werden für den Leser/Zuschauer unterbewusst thematisiert und aus ethnischer Sicht von mehreren Gesichtspunkten aus durchleuchtet.
Auch der gesetzliche, militärische und medizinische Umgang mit Inhaftierten Mördern und Todeskandidaten wird von mehreren Standpunkten betrachtet. Gegen Ende des dritten Bandes treffen die Brüder auf zwei zum Tode Verurteilte Mörder, die offiziell bereits hingerichtet wurden, in Wahrheit aber zu Forschungszwecken missbraucht und ausgenutzt werden. Hier ist interessant, wie die Brüder zu diesem Aufeinandertreffen stehen, was die beiden Mörder zu ihrem Schicksal sagen und wie die Verantwortlichen darauf reagieren.
Solche Thematiken gibt es bereits zu Beginn der Geschichte häufiger und sie werden im Laufe der Handlung noch oft vorkommen, was sehr zu begrüßen ist. Sie werfen nicht nur Licht auf kritische Themen, sondern betrachten diese auch aus Sichtweisen, die einem selbst nicht in den Sinn kämen oder man schlecht nachvollziehen kann.
Scar und Major Armstrong im Kampf | Fullmetal Alchemist Brotherhood (2009) |
Neben vielschichtigen Ereignissen und weltlichem Geschehen stehen aber auch eine Vielzahl interessanter, liebenswerter wie verhasster und vorallem sehr unterschiedlicher Charaktere. Sowohl oft auftretende Hauptfiguren und Antagonisten wie die Elric-Brüder, Oberst Mustang und Major Armstrong oder aber der Gegenspieler Scar und die seltsamen Gestalten, die immer in Zusammenhang mit dem Stein der Weisen auftreten, als auch Nebencharaktere sind gut durchdacht. Jeder hat seine Rolle in der Geschichte, die wichtig ist, egal wie oft er ein Auftreten hat. Und jeder hat ein eigenes Denken und Charaktereigenschaften, die ihn innerhalb der Geschichte einzigartig machen. Die Figurenmodelle sind zwar nicht unbedingt neu, bei der vorhandenen Menge an Charakteren ist das aber auch schwierig. Dafür gibt es aber keine lieblosen ohnehin-nicht-wichtig-für-die-Handlung-Figuren.
Das kann man allein bei Edward, Alphonse und Winry, die wie Geschwister aufwuchsen, sehr gut feststellen. Während Ed sehr zielstrebig, manchmal unbedacht aber äußerst begabt und konzentriert und etwas cholerisch ist, ist Al eher fürsorglich, bedacht und mehr Kind geblieben, aber dennoch auf seine Art der Reifere von beiden. Winry hingegen ist sehr selbstgefällig wenn es um ihre Arbeit als Auto-Mail-Mechanikerin geht, aber sehr besorgt um ihre Ziehbrüder und stets hilfsbereit.
Ed, Al und Oberst Mustang im Gespräch | Fullmetal Alchemist (2001) |
In seiner Gesamtheit machen diese vielen Dinge ein grandioses Werk aus, das einem einfach nur Freude bereitet und gut bei Laune hält. So wie es eben sein soll. Wer Spaß an Shonen und selbstironischem Humor hat, erhält hiermit eine absolute Lese- und/oder Ansehempfehlung meinerseits.
Ist der Manga mit 27 Bänden abgeschlossen?
AntwortenLöschenJa, ist er.
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