Als Fan von Geistergeschichten, Mythen, Legen und Übernatürlichem konnte ich es mir nicht nehmen lassen, mir Dusk Maiden of Amnesia anzusehen. Erwartet hatte ich jedoch nicht ganz das, was der Manga mir letztendlich bot. Warum seine Cover ein bisschen zu viel Mystery versprechen und was an ihm nicht so ganz typisch für sein Genre ist, darüber möchte ich heute reden.
Um die 60 Jahre alte Seikyo-Schule ranken sich viele Gerüchte und Gruselgeschichten, die sich allesamt um Geister verstorbener Schülerinnen drehen. Als Teiichi sich im mittlerweile ungenutzten alten Schulgebäude verläuft, stößt er auf eines dieser Gerüchte. Ein alter Spiegel. Steht man vor ihm, darf man sich keinesfalls umdrehen, weil man sonst vom rachsüchtigen Geist Yukos in den Spiegel gezerrt und dort eingeschlossen wird.
Zu Teiichis Erstaunen steht tatsächlich plötzlich ein Mädchen neben ihm, das ihm offenbart "der Geist des alten Schulgebäudes" zu sein. Zunächst will er dem Ganzen nicht so recht Glauben schenken, doch das Mädchen, das sich als Yuko vorstellte, heftet sich seither an seine Fersen, ungesehen von allen anderen.
Nach einem übernatürlichen Ereignis der besonderen Art beschließen die beiden, Yukos Vergangenheit auf die Spur zu gehen. Denn obwohl sich zahlreiche unterschiedliche Geschichten mit ihrem Tod und angeblichen rachsüchtigen Geist befassen, weiß niemand, was wirklich geschah. Nicht einmal Yuko selbst.
Immer wieder ist die Rede von den sieben großen Mythen, die sich um das Schulgebäude ranken. Alle diese Mythen thematisieren den Tod einer Schülerin und scheinen sich um Yuko zu drehen. In all diesen Mythen heißt es, Yuko würde die Betroffenen in den Tod reißen. Doch je weiter wir lesen, desto klarer wird uns, dass da irgendetwas nicht stimmen kann.
Yuko behauptet sofort, sie könne sich nicht an ihren Tod erinnern. Weder wann sie starb, noch wo oder wie, geschweige denn wer sie als Mensch war. So ganz glauben will man ihr das jedoch nicht. Sie ist charakterlich zu zerrissen und emotional sprunghaft, um glaubwürdig zu erscheinen - für uns als Leser. Teiichi aber scheint ein naiver leichtgläubiger Junge zu sein, der Yuko als gespensthafte Freundin annimmt, ohne große Fragen zu stellen.
Doch auch diese sieben Mythen machen uns stutzig. Es kann schließlich nur eine Wahrheit über Yukos tatsächliches Ableben geben. Woher stammen also die anderen Geschichten? Sind sie frei erfunden und wenn ja, von wem? Oder gab es tatsächlich sieben Tode auf dem Schulgelände? Es gibt genug Andeutungen bereits innerhalb der ersten beiden Bände, die uns auf weitere Geister schließen lassen. Oder zumindest Intrigen, die etwas Größeres verbergen sollen. Doch mit Sicherheit behaupten können wir nichts.
Dusk Maiden of Amnesia ist ein Fall für sich. Er richtet sich an Mystery und Horror Fans, wobei zweiteres nur am Rande bedient wird. Dennoch ist er nicht wirklich Genre typisch, doch dazu später mehr.
Aus dem "lass uns etwas über meine Vergangenheit herausfinden" wurde schnell ein "Ich will auch in einem Schulklub sein", was zur Gründung der Abteilung für Paranormales führte. Teiichi wurde hierzu, wie zu fast allem anderen auch, von Yuko gezwungen. Von diesem Punkt an erinnert der Manga ein wenig an Psychic Detective Yakumo, da er in paranormalen Fällen aufgebaut ist.
Die Schülerin Momoe, die sich selbst in einen der sieben Mythen verwickelt hat und nun fürchtet zu sterben, sucht im Klub nach Hilfe. Gemeinsam beginnen sie dann, alle möglichen Mythen und anderen Geistergeschichten rund um das Schulgelände zu ergründen und hinterfragen. Allem unbemerkt angeschlossen Yuko. Und jedes Mal wenn wir denken: "Oh ja, das klingt logisch! Dem Rätsel auf der Spur", stellt sich heraus, dass Yuko augenscheinlich aus Unwissenheit an allem Schuld ist.
Die Geschichten und Mythen selbst sind tatsächlich nicht ohne und schon etwas unheimlich. Gerade weil die Figuren teilweise sehr intensiv darauf reagieren, empfinden wir sie als Leser auch als glaubhafter und unheimlicher. Wenn die Betroffenen anfangen, Gestalten und Dinge wahrzunehmen, werden wir als Leser vielleicht auch ein wenig paranoid. Denn es kann ja nicht hinter allem Yuko stecken, oder? Immer öfter beschleicht uns das Gefühl, dass da mehr ist als nur ein totes Mädchen ohne Erinnerung. Was auch immer dieses "mehr" ist.
Die Charaktere hingegen scheinen nichts besonderes zu sein. Teiichi ist naiv und leichtgläubig. Er ist einerseits genervt von Yuko, die quasi an ihm klebt, und andererseits genießt er ihre Gesellschaft und möchte ihr helfen. Selbst dann noch als er beginnt, ihre Absichten in Frage zu stellen und den Verdacht schöpft, dass sie ein böser Geist sein und ihn anlügen könnte. Mit sonderlich herausstechenden Charakterzügen ist er aber nicht gesegnet.
Auch Momoe sticht nur bedingt aus der Masse heraus. Zwar ist sehr strebsam und ehrgeizig, seit sie sich für Geistergeschichten begeistert - auch wenn es den Anschein macht, dass sie eigentlich nur in Teiichi verliebt ist -, doch mehr als diesen Enthusiasmus hat sie nicht zu bieten.
Interessant wird erst Yuko, die recht viele Facetten aufweist. Sie ist eine verlorene Seele, auf der Suche nach einem Sinn. Schnell begreifen wir, dass sie in Teiichi einen Freund sieht, einen Verbündeten. Einen Grashalm an den sie sich klammert. Doch in anderen Momenten wirkt sie so intrigant, dass wir beginnen, an dieser Freundschaft zu zweifeln. Es ist schwer zu durchschauen, ob Yuko einfach nur froh über Gesellschaft ist oder ob sie tatsächlich Machenschaften laufen hat, die über allen Dingen stehen. Ebenso undurchsichtig ist es, ob sie einfach ungeschickt ist und ungewollt für Furore sorgt oder absichtlich Situationen verursacht, die in Verbindung mit den sieben Mythen gebracht werden. Diese Zwiespältigkeit macht sie zu einer interessanten Figur.
Doch neben all dem steht auch eine gelangweilte Yuko, die sich gerne die Zeit vertreiben und versüßen möchte und Teiichi sowie sein Umfeld zu ihrer Belustigung ärgert. Sie ist manchmal recht kindisch und albern, was für einen seltsamen Humor sorgt. Und damit sind wir wieder an dem Punkt: Dieser Humor ist untypisch für Mystery geschweige denn Horror. Ich will ihn nicht unpassend nennen. Er nimmt der Handlung und den Geistergeschichten etwas ihre Ernsthaftigkeit, vielleicht sogar gewollt. Doch genau hier liegt der Knackpunkt. Yuko ist anstrengend. Der Humor ist manchmal nervig und oft zerstörerisch für die unheimliche Atmosphäre, die der Manga stellenweise braucht. Das macht ihn sehr zäh.
Der Zeichenstil ist wunderschön und passt auch in unheimlichen Situationen gut zur Stimmung. Der Zeichner hat es geschafft, einen angenehmen Stil anzuwenden, der aber für paranormale Szenen den nötigen Wahnsinn aufbringt, um für Unbehagen beim Leser zu sorgen. Das ist ein Plus.
Doch leider kann der Stil die flachen Charaktere und den anstrengenden Humor nicht ausgleichen. Alles in allem bin ich sehr hin und her gerissen, was Dusk Maiden of Amnesia angeht. Zwar ist er langatmig und zäh zu lesen, doch die Mysteryelemente und paranormalen Szenen machen ihn reizvoll genug, um ihm dennoch eine Chance zu geben. Über die ersten beiden Bände hinweg wird genug Spannung aufgebaut, um den Leser bei den Stange zu halten und für das weitere Geschehen zu begeistern. Ob man Yukos Eigenheiten dafür in Kauf nehmen will, bleibt einem dabei selbst überlassen.
Ein kleines Gimmick das Kazé sich hat einfallen lassen, sind die Posterteile. In jedem Band befindet sich ein Teil eines Posters, das am Ende großes Ganzes ergeben soll. Süße Idee und nette Geste, die sogar den Looter- und Sammlerinstinkt mancher Leser noch anregen kann. Doch so ganz im richtigen Film habe ich mich dabei dennoch nicht gefühlt. Ein Poster aus zehn Einzelteilen, die dann auch noch alle geknickt sind, zusammenzubasteln, na ich weiß nicht. Ob das so gut aussieht? Leider scheinen auch die Übergänge - zumindest bei meinen Posterschnipseln - nicht nahtlos zusammenzupassen. Aber wie heißt es so schön: Der Gedanke zählt.
Guter Bericht, der mich neugierig gemacht hat.:)
AntwortenLöschenich sitze hier gerade und warte auf rhukii.
AntwortenLöschendas es heute früh etwas stressig war habe ich mir nur schnell etwas aus dem regal gegriffen...
wie es der zufall wollte habe ich 'Dusk Maiden' eingepackt.
ich habe jetzt 'erst' die ersten 40 seiten hinter mir und bin schon gefesselt.
eigentlich ist das nicht mein genre (ich stehe null auf geistergeschichten - ein echter schisser)
mir gefällt allerdings der erste eindruck ganz gut.
mal sehn wie's weitergeht...
'gut gemacht schatz' :)
Den naiven Teiichi würde ich so nicht unterschreiben. Gerade in Band 2 zweifelt er schon stark an Yuko.
AntwortenLöschenIch hatte auch - gerade wegen dem Cover - etwas anderes erwartet. Bin aber insgesamt mit der Serie ganz zufrieden. Es lässt sich schnell lesen, sieht gut aus und der Kurzgeschichten Stil ist angenehm.
Liegt vielleicht auch daran, dass du alles gelesen hast, so wie sich das gerade anhört. Ich denke man bewertet anders, wenn man mehr Inhalt und der (Charakter)Entwicklung kennt. Mir kam er doch eher naiv vor, selbst als er begann zu zweifeln.
LöschenIch habe erst 3 Bände gelesen und für meine Aussage extra nur die ersten 2 Bände zu rate gezogen....
LöschenDann haben wir wohl einfach nur unterschiedliche Auffassungen, kann ja auch mal vorkommen.
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